Altenboizen morgens um sehr früh. Das ganze Dorf schläft. Das ganze Dorf? Nein! 2 Personen sind schon früh auf den Beinen um den 2. Tag in Folge zu Wandern. Und zwar nach Pisa. Nein, nicht ganz. Heute nur bis nach Schwarmstedt. Fast 30 Kilometer sind geplant.

Das reicht auch. Denken wir uns so, bevor wir aufgestanden sind. Nach dem Aufstehen wären wir dankbar, wären es doch nur 200m, denn unsere Beine machen sich durchaus noch etwas bemerkbar. Naja, hilft nun nichts. Also Kaffee, etwas Frühstück und los geht es!

Unser Nachquartier. Zelt kann jeder!

Bei „Tageslicht“ sieht die „Geisterbahn“ vom Vortag doch etwas unspektakulärer aus. Wir steigen am Bahnhof Altenboizen in unseren ZFE (Zu-Fuß-Express) nach Böhme.

In Altenboizen stehen auch Fahrzeuge der Böhmetal-Kleinbahn und die Werkstatt des Vereins.

Bahnhof Altenboizen. Feldbahn Edition.
Nicht nur ich kann schlechte Wortspiele!
Im Vordergrund erkennt man gut, dass die Strecke auf 600mm Spurweite umgebaut wurde.
Abgestellte Draisinen.
Abgestellte Museumswagen
Werkstatt
Idyllisch durch eine Birkenalle führt die Strecke in Richtung Westen
„1“ heißt hier 10km/h. Fühlt sich hier bestimmt schneller an, als es ist.
Ein Reh auf dem Berg. Sind wir schon am Rehbergtunnel?
Neee, der kommt erst bei Etappe 20 oder so.
Klein Eilstorf Prellbock
Der folgende Bahnübergang hat noch normalspurige Gleisreste…
… ja, Reste.
Der weitere Bahndamm…

In Klein Eilstorf enden die Gleise der Feldbahn und der Bahndamm ist so zugewachsen, dass dort kein Durchkommen mehr ist. Also mussten wir einen anderen Weg wählen. Was liegt da näher als … neben dem Bahndamm übers Feld zu stapfen? Doch „Oh nein!!! Wir haben was vergessen!!!“ Unser Essen!!! Im Kühlschrank!!! Die Getränke!!! In unseren Rucksäcken finden sich nur ungekühlte Kleinigkeiten und Wasser. Also zurück? Nein, dazu sind wir schon zu weit und wir würden nicht mehr im Hellen nach Hause kommen. Es ist zu spät. Wir werden verhungern! Hier!

Der letzte Gleisrest

Ok, um wegen Nahrungsmangel zu verhungern war es dann doch noch zu viel. Aber die Sandwiches und das Bier wären schon nett gewesen. Zumal dies unsere erste Etappe ist wo wir tatsächlich unterwegs keine sichere Verpflegungsstation hatten. Hier ist halt einfach nix außer ein paar Dörfer und ganz viel „Gegend“. Zufällig fanden sich noch einige Apfelbäume (incl. gereifter Äpfel) auf dem Weg und der Förster hatte für die Rehe auch noch Futter (Möhren und Äpfel) verteilt, welches auch noch für den menschlichen Magen vertretbar erschien. (Keine Sorge, wir haben für Bambi noch ausreichend übrig gelassen).

Das Gleisfeld im Bahnhof Böhme. Gehört nicht zu den Böhmischen Dörfern. Böhme.

Das Bahnhofsgelände in Böhme ist inzwischen Privatgrund und unspektakulär. 1990 fuhr hier der letzte Zug. Nach nochmaliger Querung der Böhme bogen wir in „Lust“ rechts ab.

Nochmalige Querung der Böhme.
Gegend
Lust

Selbige begann langsam sich bei uns zu verabschieden, denn das Gehen wurde schon jetzt „dank“ einer Blase an meinem Fuß beschwerlicher. Aber wozu schleppt man immer Blasenpflaster mit sich rum? So langsam macht sich die Erkenntnis breit, dass man wenn man 2 Tage hintereinander Wandern möchte doch den ersten Tag vielleicht nicht ganz sooo weit laufen sollte.

Die gleiche Gegend, nur mit Weg.
Pferde
Die Brücke über die Aller
Die Aller. Früher war hier eine Fähre.

Über die Aller eilten wir nach Eilte. (Stimmt nicht, aber wegen des Wortspiels kann man das ja mal so schreiben). Hier gibt es zwar einen Laden auf einem Biohof, der allerdings weder Brötchen noch Kaffee verkauft – sondern nur Käse! Der gute „Eilter Bauernkäse“ hat schon Herrn Obama und Frau Merkel geschmeckt, wie auf einer Urkunde zu lesen ist. Auch uns mundet dieser durchaus, nur hätten Brötchen und Kaffee doch ganz gut dazu gepasst.

Bank auf Deich in Eilte. Ort des Käseverzehrs.

Nun gehen wir nicht über die Straße „Zum Bahnhof“ sondern „Am Busche“ aber trotzdem zum Bahnhof. Zumindest dahin wo mal einer war. Ja, schon wieder eine stillgelegte Bahnstrecke. Diesmal die „Allertalbahn“, die einstmals hier Verden mit Schwarmstedt (und weiter Celle und Gifhorn) verband.

Die Trasse der Allertalbahn (eigentlich Radweg, aber irgendwie gerade nicht)
Ehem. Bahnhof Eilte
… so sieht er auch aus.

Allerdings folgen wir der Strecke nur ein kurzes Stückchen bis zu einem unscheinbaren Bahnübergang. Für mich allerdings ein sehr bedeutender Bahnübergang, denn einstmals begegnete ich hier vor vielen Jahrzehnten das erste Mal einer stillgelegten Bahnstrecke. Damals noch geschottert und nicht als Radweg ausgebaut.

Ein unscheinbarer, ehemaliger Bahnübergang

Wir verlassen die Bahntrasse und durchqueren die Schotenheide. Früher wurde hier tatsächlich Erdöl gefördert und man sah überall Erdölpumpen. Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Um die matschigen und müden Hirne nicht zu überlasten, wählte ich einen einfachen Weg. Geradeaus. 9 Kilometer einfach nur geradeaus. Das war einfach. Und schön. Und ruhig. Fast. Wäre da nicht das Rodungsfahrzeug mittendrin gewesen hätte man meinen können die Welt ist aus. Pause mittendrin auf einem Jäger-Hochsitz. Was erwartet man so auf einem Jäger-Hochsitz außer einer Holzbank, Zigarettenkippen und Kronkorken? Na klar! Einen Bürostuhl!

Weihnachtsbäume, schon mit Preisschildern. Nur die Kundschaft kommt hier eher nicht hin…

Weiter ging es entlang der Lindenstraße an die Leine. Nein, nicht die Hundeleine! Der Leine halt. Fluß, weissu? Nahe der Bothmer Mühle ein Abstecher an die Allertalbahntrasse, die hier einstmals die Leine querte.

Bothmer Mühle
Allertalbahndammreste

Allerdings ist von Bahndamm und Brücke nicht mehr viel zu sehen. Wurde gerade recht frisch planiert. Irgendwie fanden wir dann noch den Weg bis Schwarmstedt und zu warmer Nahrung, Griechischer Art.

Der Bahnhof Schwarmstedt
Schrankenwärterhaus

Fazit: War schon etwas viel, `ne? Aber egal, Spaß gemacht hat es wie immer sehr und ein besonderes Erlebnis auf alle Fälle!

Gelernt haben wir, dass man es bei Mehrtages-Touren zu Anfang doch ein wenig entspannter angehen lassen muss um nicht schon nach wenigen Kilometern am 2. Tag nur noch humpelnd voranzukommen. Und man braucht weniger Essen als man so denkt.

Und bei der nächsten Etappe: Eine unvollendete Autobahn, Felder, Wald, Regen und Dunkelheit. Also: Dranbleiben!