Zu Fuß ans Mittelmeer

Schlagwort: Stillgelegte Bahnstrecke

Etappe 10: Schwarmstedt – Eilvese

Diese Etappe gehörte eher zur Kategorie „ist halt auch mal so“.

Denn: Es regnete.

Gut: Nur ein Mal.

Schlecht: Den ganzen Tag.

Blöd ist halt, dass man sowas plant und das Wetter vorher so genau erstmal nicht weiß. 25 Grad und Sonnenschein wären halt schon besser gewesen. Ende Januar allerdings eher unrealistisch. Gut, mal wieder passende Klamotten rausgesucht. Es wurde zu einem Wettstreit zweiter Strategien: Regenklamotten gegen Regenschirm. Wer wird „gewinnen“?

Schon im Vorwege war klar, dass es heute keine wirklichen Highlights geben wird, aber wie die Verrückten durch den Regen latschen muss auch mal sein. Nennen wir es: Die Elemente der Natur.

Der Erixx bringt uns wieder zuverlässig nach Schwarmstedt. Damit verlassen wir die „Heidebahn“.
Südlich von Schwarmstedt wird der Gegenzug aufgenommen
In Farbe wirkt es NOCH trister.

Von Gedanken zum Gedenken. Unerwartet einige Kreuze neben den Gleisen. Eine kurze Internetrecherche bestätigt unsere Vermutung. 2008 war hier noch ein Bahnübergang an dem 4 junge Erwachsene ihr Leben ließen. Ja, so schnell kann das gehen. Ein Grund mehr, jede Minute des Lebens auszukosten und auch unseren Kindern entsprechend viel Zeit zu schenken!

Der ehemalige Bahnhof Hope, inzwischen hält hier kein Zug mehr.

Jetzt ein kleiner Geschichtsexkurs:
Kurz: Vor dem 2. Weltkrieg wurden die ersten Autobahnen in Deutschland gebaut. Die heutige A7 plante man damals mit einem etwas anderen Verlauf. Einige kleinere zu Kriegsbeginn bereits fertiggestellte Bauwerke finden sich in entlegenen Feldern mitten in Niedersachsen.
Lang: Bitte diesen Artikel auf Geschichtsspuren.de lesen!

Doch zunächst erreichen wir die „Region Hannover“
Ein Tunnel für einen Bach? Ein Durchlass unter einer Autobahn! – nur ohne Autobahn.
Ein Feld weiter, ein weiteres Bauwerk. Wahrscheinlich das größte erhaltene der „Strecke 24“.
Auf unserem Weg liegt „Blankes Flat“
Vesbeck
In Helstorf ein Geocache. Das dazugehörige Schmiedemuseum hat leider zu. (An einem Werktag im Januar!?)
Helstorf, Friedhof. Liegt hier der Hund begraben? In jedem Fall ein relativ trockenes Plätzchen fürs Mittagessen, frisch von Aldi…
Die Kirche in Helstorf

Eigentlich müsste ich jetzt noch eine spannende Geschichte dazu erfinden, allerdings gab es nichts besonderes zu Berichten. Es regnete und regnete. So langsam zeichnete sich ein Sieger ab im Battle Regensachen vs. Regenschirm.

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg!
Etwas gespenstisch das Institut für Nutztiergenetik in Mariensee. Ob wir noch einen Zombie sehen?
Gegenüber das Kloster Mariensee

Und langsam wurde es dunkel. Gut, dass wir beide uns noch Stirnlampen organisiert hatten. So war es auf dem Weg durch den Wald nach Eilvese nur halb so gespenstisch. Ohne Licht wären wir aufgeschmissen gewesen. Wie haben wir das bloß früher gemacht?

Gut getimt erreichten wir den Bahnhof Eilvese. Denn nur noch eine kurze Wartezeit blieb uns bis zur S-Bahn in Richtung Nienburg mit Anschluss in die Heimat.

Ein ICE rauscht durch Eilvese
Umsteigen in Verden in einen Nahverkehrstriebwagen der BR 628 der evb. Ein gutes Stück!

Man darf sich so einen Tag nicht durch das Wetter vermiesen lassen. Daher hat es uns doch durchaus mal wieder Spaß gemacht! Trotzdem essen wir vor der nächsten Etappe lieber doch wieder unser Essen auf!

Achso: Regenkleidung vs. Regenschirm: Der Regenschirm hat hier gewonnen, auch dank des wenigen Windes. Die Regenkleidung war an einigen Stellen doch „durch“. Aber wer läuft schon 8 Stunden durch den strömenden Regen?

Die 32,4km bestritten wir in 8:20 Stunden, also 3,9km/h im Schnitt.

Etappe 9: Altenboitzen – Schwarmstedt

Altenboizen morgens um sehr früh. Das ganze Dorf schläft. Das ganze Dorf? Nein! 2 Personen sind schon früh auf den Beinen um den 2. Tag in Folge zu Wandern. Und zwar nach Pisa. Nein, nicht ganz. Heute nur bis nach Schwarmstedt. Fast 30 Kilometer sind geplant.

Das reicht auch. Denken wir uns so, bevor wir aufgestanden sind. Nach dem Aufstehen wären wir dankbar, wären es doch nur 200m, denn unsere Beine machen sich durchaus noch etwas bemerkbar. Naja, hilft nun nichts. Also Kaffee, etwas Frühstück und los geht es!

Unser Nachquartier. Zelt kann jeder!

Bei „Tageslicht“ sieht die „Geisterbahn“ vom Vortag doch etwas unspektakulärer aus. Wir steigen am Bahnhof Altenboizen in unseren ZFE (Zu-Fuß-Express) nach Böhme.

In Altenboizen stehen auch Fahrzeuge der Böhmetal-Kleinbahn und die Werkstatt des Vereins.

Bahnhof Altenboizen. Feldbahn Edition.
Nicht nur ich kann schlechte Wortspiele!
Im Vordergrund erkennt man gut, dass die Strecke auf 600mm Spurweite umgebaut wurde.
Abgestellte Draisinen.
Abgestellte Museumswagen
Werkstatt
Idyllisch durch eine Birkenalle führt die Strecke in Richtung Westen
„1“ heißt hier 10km/h. Fühlt sich hier bestimmt schneller an, als es ist.
Ein Reh auf dem Berg. Sind wir schon am Rehbergtunnel?
Neee, der kommt erst bei Etappe 20 oder so.
Klein Eilstorf Prellbock
Der folgende Bahnübergang hat noch normalspurige Gleisreste…
… ja, Reste.
Der weitere Bahndamm…

In Klein Eilstorf enden die Gleise der Feldbahn und der Bahndamm ist so zugewachsen, dass dort kein Durchkommen mehr ist. Also mussten wir einen anderen Weg wählen. Was liegt da näher als … neben dem Bahndamm übers Feld zu stapfen? Doch „Oh nein!!! Wir haben was vergessen!!!“ Unser Essen!!! Im Kühlschrank!!! Die Getränke!!! In unseren Rucksäcken finden sich nur ungekühlte Kleinigkeiten und Wasser. Also zurück? Nein, dazu sind wir schon zu weit und wir würden nicht mehr im Hellen nach Hause kommen. Es ist zu spät. Wir werden verhungern! Hier!

Der letzte Gleisrest

Ok, um wegen Nahrungsmangel zu verhungern war es dann doch noch zu viel. Aber die Sandwiches und das Bier wären schon nett gewesen. Zumal dies unsere erste Etappe ist wo wir tatsächlich unterwegs keine sichere Verpflegungsstation hatten. Hier ist halt einfach nix außer ein paar Dörfer und ganz viel „Gegend“. Zufällig fanden sich noch einige Apfelbäume (incl. gereifter Äpfel) auf dem Weg und der Förster hatte für die Rehe auch noch Futter (Möhren und Äpfel) verteilt, welches auch noch für den menschlichen Magen vertretbar erschien. (Keine Sorge, wir haben für Bambi noch ausreichend übrig gelassen).

Das Gleisfeld im Bahnhof Böhme. Gehört nicht zu den Böhmischen Dörfern. Böhme.

Das Bahnhofsgelände in Böhme ist inzwischen Privatgrund und unspektakulär. 1990 fuhr hier der letzte Zug. Nach nochmaliger Querung der Böhme bogen wir in „Lust“ rechts ab.

Nochmalige Querung der Böhme.
Gegend
Lust

Selbige begann langsam sich bei uns zu verabschieden, denn das Gehen wurde schon jetzt „dank“ einer Blase an meinem Fuß beschwerlicher. Aber wozu schleppt man immer Blasenpflaster mit sich rum? So langsam macht sich die Erkenntnis breit, dass man wenn man 2 Tage hintereinander Wandern möchte doch den ersten Tag vielleicht nicht ganz sooo weit laufen sollte.

Die gleiche Gegend, nur mit Weg.
Pferde
Die Brücke über die Aller
Die Aller. Früher war hier eine Fähre.

Über die Aller eilten wir nach Eilte. (Stimmt nicht, aber wegen des Wortspiels kann man das ja mal so schreiben). Hier gibt es zwar einen Laden auf einem Biohof, der allerdings weder Brötchen noch Kaffee verkauft – sondern nur Käse! Der gute „Eilter Bauernkäse“ hat schon Herrn Obama und Frau Merkel geschmeckt, wie auf einer Urkunde zu lesen ist. Auch uns mundet dieser durchaus, nur hätten Brötchen und Kaffee doch ganz gut dazu gepasst.

Bank auf Deich in Eilte. Ort des Käseverzehrs.

Nun gehen wir nicht über die Straße „Zum Bahnhof“ sondern „Am Busche“ aber trotzdem zum Bahnhof. Zumindest dahin wo mal einer war. Ja, schon wieder eine stillgelegte Bahnstrecke. Diesmal die „Allertalbahn“, die einstmals hier Verden mit Schwarmstedt (und weiter Celle und Gifhorn) verband.

Die Trasse der Allertalbahn (eigentlich Radweg, aber irgendwie gerade nicht)
Ehem. Bahnhof Eilte
… so sieht er auch aus.

Allerdings folgen wir der Strecke nur ein kurzes Stückchen bis zu einem unscheinbaren Bahnübergang. Für mich allerdings ein sehr bedeutender Bahnübergang, denn einstmals begegnete ich hier vor vielen Jahrzehnten das erste Mal einer stillgelegten Bahnstrecke. Damals noch geschottert und nicht als Radweg ausgebaut.

Ein unscheinbarer, ehemaliger Bahnübergang

Wir verlassen die Bahntrasse und durchqueren die Schotenheide. Früher wurde hier tatsächlich Erdöl gefördert und man sah überall Erdölpumpen. Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Um die matschigen und müden Hirne nicht zu überlasten, wählte ich einen einfachen Weg. Geradeaus. 9 Kilometer einfach nur geradeaus. Das war einfach. Und schön. Und ruhig. Fast. Wäre da nicht das Rodungsfahrzeug mittendrin gewesen hätte man meinen können die Welt ist aus. Pause mittendrin auf einem Jäger-Hochsitz. Was erwartet man so auf einem Jäger-Hochsitz außer einer Holzbank, Zigarettenkippen und Kronkorken? Na klar! Einen Bürostuhl!

Weihnachtsbäume, schon mit Preisschildern. Nur die Kundschaft kommt hier eher nicht hin…

Weiter ging es entlang der Lindenstraße an die Leine. Nein, nicht die Hundeleine! Der Leine halt. Fluß, weissu? Nahe der Bothmer Mühle ein Abstecher an die Allertalbahntrasse, die hier einstmals die Leine querte.

Bothmer Mühle
Allertalbahndammreste

Allerdings ist von Bahndamm und Brücke nicht mehr viel zu sehen. Wurde gerade recht frisch planiert. Irgendwie fanden wir dann noch den Weg bis Schwarmstedt und zu warmer Nahrung, Griechischer Art.

Der Bahnhof Schwarmstedt
Schrankenwärterhaus

Fazit: War schon etwas viel, `ne? Aber egal, Spaß gemacht hat es wie immer sehr und ein besonderes Erlebnis auf alle Fälle!

Gelernt haben wir, dass man es bei Mehrtages-Touren zu Anfang doch ein wenig entspannter angehen lassen muss um nicht schon nach wenigen Kilometern am 2. Tag nur noch humpelnd voranzukommen. Und man braucht weniger Essen als man so denkt.

Und bei der nächsten Etappe: Eine unvollendete Autobahn, Felder, Wald, Regen und Dunkelheit. Also: Dranbleiben!

Etappe 8: Soltau – Altenboitzen

Premiere auf dem Weg nach Pisa! Diesmal haben wir uns erstmals vorgenommen, zwei Tage am Stück zu wandern. War das wirklich eine schlaue Idee?

Hier wie immer der Streckenverlauf:

Die Sonne lacht uns schon aus dem Zug entgegen

Die Anreise nach Soltau erfolgte wie gewohnt mit der Bahn.

Zurück am Bahnhof Soltau

Bevor wir uns fragten, was denn heute so unser Ziel sei, wurde die Frage prompt beantwortet:

Das Stellwerk in Soltau. Noch kommt hier grundsolide Technik zum Einsatz – alles mechanisch!
(ja, ich habe einen Schatten)

Die ersten Meter legten wir auf den Resten der erst 1996 stillgelegten Bahnstrecke Soltau-Neuenkirchen (Link zu Wikipedia) zurück. Aber wirklich nur die ersten Meter, denn 1914 wussten die Erbauer leider noch nichts davon, dass wir auf den Streckenresten gerne nach Pisa wandern wollten. Aber egal, musste heute halt eine andere stillgelegte Bahnstrecken als Weg herhalten. Aber mehr dazu später.

Dieses Gleis führte einmal nach Neuenkirchen. Erinnert mich ein wenig an Hamburger Radwege.

Doch als erstes erfuhren wir, was es heißt, auf Fehler in OpenStreetMap hereinzufallen.

Ein Bett im Stoppelfeld…
Raps, Bäume, Weg und Windrad

Erst liefen wir entlang eines nicht eingezeichneten Trampelpfades, dann über einen eingezeichneten, aber irgendwie nicht mehr vorhandenen Bahnübergang und schließlich über einen nicht eingezeichneten Trampelpfad, da ein eingezeichneter Weg sich als Feldrand entpuppte. Und im Anschluss noch über einen nicht eingezeichneten UND nicht vorhandenen Weg (also quer übers Feld…). Aber sonst gings. So gut die OSM-Karte sonst ist, so schlecht war sie hier. Inzwischen sind diese Fehler aber behoben. Aber nur diese, hehehe….

Wir halten einen Moment inne. Man hört nichts. Absolut gar nichts außer ein wenig Rauschen in den Bäumen. Welch Wohltat!

In Meinern kurze Rastpause an einem Rastplatz, ein kurzes Stück an der Straße, über den Bostelerweg den Dehnbosteler Weg, dann irgendwie durch die Gegend, eine schöne, aber eher unspektakuläre Landschaft. War aber auch zu erwarten.

Bomlitz. Hier gibt es einen größeren Industriepark, der auch heute noch einen gut bedienten Gleisanschluss besitzt. (Link zu Wikipedia) Bis 1979 war die Werkbahn hier tatsächlich elektrifiziert – als Insellösung, denn die weiterführende Bahnstrecke in Walsrode ist bis heute nicht elektrifiziert.

Wir schauen uns den Bahnhof Bomlitz an, wo heute nur noch vereinzelt Museumszüge fahren, im Güterverkehr aber durchaus noch was los ist.

Hier ist Betrieb. Rangieren mit einem Unimog.
Das Bahnhofsgebäude vom Bomlitz. Gegenüber geht es direkt ins Werk.
Eine E-Lok und ein Signal erinnern an andere Zeiten.
Dieser Gleisanschluss wird schon länger nicht mehr bedient.
Hier ist schon noch mehr los.
Lok 295 950 der hvle (früher 160073 der OHE) wartet auf ihren nächsten Einsatz

Wir durchqueren das ehemalige Werksgelände der Eibia (Link zu Wikipedia). Eine große Rüstungsfabrik im 2. Weltkrieg. Heute erahnt man kaum noch, dass hier einstmals mehrere 1000 Menschen arbeiteten.

An zahlreichen Bäumen färben sich die Blätter goldgelb. Eine Folge der Nutzung des Geländes als Rüstungsfabrik?

Im Gebüsch entdecken wir eine alte Bahnsteigkante.

Ein Geocache führte uns zu einem versteckten und in einer tiefen Kuhle liegenden Bunkereingang. Allerdings trauten wir uns nicht so recht herein, so dass wir diesen Cache mal ungehoben ließen. Wir wollten ja auch noch weiter.

Ein Bunker, versteckt in einem Krater
Dieses Schild wurde nicht erst kürzlich aufgehängt. Merke: Schild nur lange genug an den Baum halten spart den Nagel.
Die Lohheide
auch
Die Borg hätten wir jetzt hier nicht erwartet, sondern eher auf einem fremden Planeten, aber wer weiß, vielleicht führt uns der Weg ja dort hin?
Offenbar bauen die Borg hier vertrocknete Sonnenblumen an.
Eine geheime Botschaft von Außerirdischen?
Nein, es wollte nur jemand ein paar Unterlagen zur Bank bringen.

Nach Querung der Böhme und der fotografischen Festhaltung eines Erixx bei der Ausfahrt aus Walsrode, erreichten wir auch bald den Bahnhof von Walsrode.

Fotografische Festhaltung eines Erixx bei der Ausfahrt aus Walsrode.
Sorry, das was ich manchmal unterbelichtet bin, das sind meine Bilder halt auch manchmal überbelichtet.
Lostplace to Vorbeigo. Ein altes Schulgebäude in Walsrode.
Bahnhof Walsrode
Auch in Walsrode dient noch ein mechanisches Stellwerk. Sicherlich älter als so manch Bediener.

Normale Menschen wären spätestens jetzt nach Hause gefahren, aber so sind wir ja nicht. Also weiter, am Walsroder Kloster vorbei.

Kloster St. Johannis der Täufer. (sorry, fällt mir gerade kein doofer Spruch zu ein)

Nach nochmaliger Querung der Böhme und einer weiteren fotografischen Festhaltung eines Erixx bei der Ausfahrt aus Walsrode (aber diesmal in Richtung Süden), inspizierten wir nun das erste Mal die Bahnstrecke von Walsrode nach Verden. Bahnstrecke von Walsrode nach Verden? Ja, die gab es mal. (Link zu Wikipedia)

Nochmalige Querung der Böhme (auf dem Holzweg)
Weitere Fotografische Festhaltung eines Zuges aus Walsrode in Richtung Hannover
Links nach Hannover, Rechts nach Verden (über Altenboizen)

Kurz: Zwischen Stemmen und Böhme schon seit 1936 unterbrochen. Verden-Stemmen noch Museumsbetrieb. Den Abschnitt Walsrode-Böhme galt es nun für uns zu erwandern. Ja, erwandern, denn viele Züge fahren nun hier nicht mehr. Die Strecke ist betrieblich gesperrt, so dass wir uns in den Bereich der Gleise trauten.

Aber erstmal ging es jetzt über die Böhme und zum Rehweh am Bahnhof Vorwalsrode (für uns hätte es eigentlich Hinterwalsrode heißen müssen, aber naja, Details…).

So, Leute mit Schwellenangst bitte wegschauen und weglesen.

Wir folgten der Bahnstrecke Schwelle für Schwelle. Eisenbahnschwellen haben eigentlich immer den gleichen Abstand, der zu kurz für einen normalen Gang ist, aber auch zu groß um nur jede zweite Schwelle betreten zu können. Dazwischen unebener Schotter. Also bleibt nichts anderes übrig, als eine sehr ungewohnte Schrittlänge – von Schwelle zu Schwelle –  zu wählen und dabei auch noch aufzupassen, auf den Holzschwellen nicht auszurutschen. In Summe also eher ungemütlich, eine längere Strecke auf einer Bahnstrecke zu wandern. Aber parallele Wege wären auch zu langweilig gewesen, also blieb uns nur der Weg zwischen den Schienen.

Dazu muss man wissen, dass es früher ja Streckenläufer gab, die tagein tagaus das so machen mussten…

(albern) Wen man über eine Schwelle stolpert und auf die Schienen fällt ist das hier nicht so schlimm – es ist eine Weiche!
(sachlich) Wenn man in Norddeutschland auf dem Dorf solch ein Raiffeisenlager sieht, ist das ein verdächtiger Hinweis darauf, dass dort auch eine Bahnstrecke verläuft oder verlief.
„P“ wie Parkplatz für Pippipause? Nein, P für „pfeifen!“ Aber damit war nicht der Lokführer gemeint, sondern der Lokführer. Sollte pfeifen.
Wald südlich von Walsrode

Jetzt kam noch ein weiterer Faktor dazu, der den Weg zunehmend beschwerlicher und – „spezieller“ machte. Die Dunkelheit. Der Sonnenuntergang war bereits vollzogen, so dass mit jedem Meter auch noch ein Mangel an Licht hinzukam. Schwelle für Schwelle… Allerdings hatten wir diesen Fall bereits eingeplant (die Sonne geht ja öfters mal unter (nein, die Erde dreht sich weiter, aber das formuliert niemand so…)), und unsere Handy-Taschenlampen dabei.

Links ein Abzweig zum „Munitionshauptdepot Walsrode“.
Es wird dunkler und dunkler…
… und dunkler. Bis plötzlich …
… ein Prellbock vor uns auftaucht! Das Streckenende??? Ein bisschen! Lest selbst!

Hollige. Was ist das? Ein Zug! Ein Geisterzug! Mitten im Nichts. Hier hat sich eine 600mm-Touristikbahn „breit gemacht“. Die „Böhmetal Kleinbahn“! (Link). Ja, BöhmeTAL. Unter einem Tal verstehe ich was anderes, aber naja was tut man nicht alles für die Touristen. Ich hoffe, die kommen hier auch zahlreich hin, denn die Kleinbahn hier ist sicherlich ganz nett mal zum Mitfahren. Jetzt, heute, jenseits von 21 Uhr ist allerdings kein Tourist zu sehen außer zwei Vollhonks, die mit Handytaschenlampen die Schwellen langtorkeln.

Bilder bei Tageslicht gibt es dann bei der nächsten Etappe.

Hm. Übernachten müssen wir ja auch noch. Wo und wie eigentlich? Der letzte Zug ist hier jedenfalls abgefahren. Outdoorprofis hätten jetzt sicher Zelt und Schlafsack dabei. Da wir aber keinen Bock auf Schleppen hatten und gerne ein „vernünftiges“ Bett wollten (verwöhntes Großstadtpack halt), blieb uns nichts anderes übrig, als hier ein Einfamilienhaus zu kaufen. Nein, besser: Ein zum Verkauf stehendes Einfamilienhaus über Errbieennbieh zu mieten. Ja, ein ganzes Haus! Gab halt nichts anderes, denn Altenboizen ist halt touristisch noch nicht soooo sehr erschlossen. Und Bett ohne Haus gibt’s nicht so oft.

Also schnell Hopfensaft und sonstiges Proviant in den Kühlschrank, und ab in das Altenboitzener Nachtleben! Das hieß dann konkret: Zähne geputzt, gegenseitig über schmerzende Beine und Füße vollgejammert und schnell ins Bett.

Ganze 37,65km hatten wir geschafft, und das merkten wir nicht nur am Abend…

Existiert die Geisterbahn auch bei Tag? Wie fühlt es sich an, nach einer 37km Wanderung am nächsten Tag eine 30km Wanderung zu machen? Warum wir fast verhungert wären, uns Rehe aber das Überleben sicherten. Lest selbst, bei der nächsten Etappe! (also abbonieren nicht vergessen!)

Etappe 5: Winsen (Luhe) – Ollsen

Winsen, Donnerstag 15. Februar 2018. 7:12 Uhr.
Februar!!! Irgendwas muss uns durchgeknallt sein, dass wir heute, bei etwa 0 Grad, und angesagtem Schneeregen uns auf den Weg machen. Den Weg weiter nach Pisa. Naja, Nahziel ist erstmal die Lüneburger Heide.
Es ist kalt. Nicht so, dass man sofort erfriert, nein, es ist eher eine Kälte die so ganz langsam in die Kleidung kriecht, sobald man sich nicht mehr bewegt. Natürlich sind wir nicht in Badehose unterwegs und den Wetterbericht haben wir auch studiert und sind dementsprechend gekleidet. Und ja, sicher geht es auch noch deutlich kälter. Trotzdem wären uns Sonnenschein und 20 Grad etwas lieberes Wanderwetter gewesen. Kommt noch. Sogar in Pisa klettert das Thermometer heute auch nicht über 10 Grad und Regen ist dort auch angesagt. Von daher ist es gar nicht so schlimm dass wir noch nicht dort sind. So liegt der Weg noch vor uns.
Damit die Kälte eben nicht ganz langsam in die Kleidung kriecht, sobald man sich nicht mehr bewegt, bewegen wir uns.
Zunächst einmal schnell nachholen, was wir letztes Mal vergessen haben. Ein Foto unseres vorigen Etappenzieles und heute Beginnes – der Bahnhof Winsen.

Etwas später stelle ich fest, dass der Autofokus in meiner Kamera ausgeschaltet war. Naja…

Hier zum Nachverfolgen der Streckenverlauf:

Also geht es zunächst durch Winsen. In der Schule hier fängt gerade der Unterricht an. Auf dem Fahrrad kommen uns Pendler auf dem Weg zum Bahnhof entgehen. Auf die Idee hier zu Wandern kommt außer uns niemand.

In Hamburg sind wir zwar nicht, einen Jungfernstieg gibt es trotzdem.


Diese Straße hat man wohl vergessen, weiterzubauen.

Wir unterqueren die A39 und erreichen Luhdorf. Man könnte lästern ob sich da beim ersten Buchstaben jemand im Alphabet um einen Buchstaben vertan hat. Machen wir aber nicht.

Luhdorf hat einen Bahnhof. Und zwar den der OHE-Bahnstrecke Winsen-Soltau. Ein Herr hält an und fragt, ob er fragen dürfe, was wir denn hier so fotografieren. Darf er. Verdattert fährt er weiter und ich dokumentiere fotografisch den Bahnhof mit einem Abstellgleis. So wirklich oft fährt hier nichts, die Gleise sind angerostet und geplante Museumsfahrten hatte ich im Vorwege dieser Tour auch nicht gefunden.

Das verstehe ich nicht. Es gibt doch bereits eine Trasse durch die Nordheide und der ICE fährt auch schon durch Winsen. Anscheinend wollen die Luhdorfer gerne einen ICE durch Ihr Ortsschild fahren lassen. Oder wollen sie nur einen eigenen ICE-Halt? Es ist zumindest derzeit keine neue Trasse mehr geplant. Nur ein Ausbau der bisherigen Strecke durch Winsen.

Am Luhekanal existiert eine Kanu-Slalomstrecke.

Wie spazieren entlang des Luhekanals über eine breite, alte Allee in den Morgen hinein. Hier liegen ein paar Geocaches die wir natürlich „mitnehmen“.

Hinter Bahlburg endet unser Weg im Bahlburger Bruch und wir erreichen die ehemalige Bahnstrecke Buchholz-Lüneburg. Ein Abschnitt der Strecke Bremerhaven-Berlin
Wikipedia

Im Wald fanden sich Bäume, Büsche, Tiere, Blätter, einen alten Bahndamm und eine Nähmaschine.

Rechts und links des Weges sprießt schon grünes Gras! Der Frühling kommt!


Der alte Bahndamm


Was ist das?


Noch 248km bis Berlin!


Ein altes Signalmastfundament

Die Schienen sind abgebaut, aber sonst ist der Bahndamm noch deutlich als solcher zu erkennen. Wir folgen dem Bahndamm bis nach Wulfsen. Hier kreuzten sich die zuvor schon gesehene OHE-Strecke Winsen-Soltau mit der DB Strecke Buchholz-Lüneburg. Das Bahnhofsgebäude von Wulfsen ist vorbildlich restauriert, die Bahnsteige und der Gleisbereich hat sich selber renaturiert.


Kurz vor Winsen die Brücke über die OHE-Strecke





Man beachte den Gleisrest in der Straße

Etwas abseits vom Bahnhof machen wir Frühstücks- und Mittagspause zugleich beim örtlichen EDK.


Das Bahnhofsgebäude von Wulfsen


Gleisreste am Bahnhof …


Bahnhofsgebäude in Wulfsen mit selbst renaturiertem Gleisbereich.


250km bis Berlin


Das ehemalige Bahngelände in Wulfsen wird jetzt teilweise bebaut.


Der Bahndamm hinter Wulfsen


Noch ein Durchlass


Der ehemalige Bahnsteig in Tangendorf


Eine Brücke über die Hauptstraße – von oben.

Wir verfolgen auf Parallelwegen die Strecke durch Tangendorf bis unter die Autobahn A7.


Na, was bedeutet dieses Signal?
(Ich weiß es, sag‘ es aber nicht, hihi…)


An km 254 wohnen die Bienen


Hier unterquerte die Strecke die Autobahn A7.

Nach der Unterführung verlassen wir die Strecke endgültig und erreichen ein ehemaliges Tonabbaugebiet bei Brackel. Den dortigen Geocache finden wir nach einiger Suche. Von der hier ehemals existenten Feldbahn erkennt man nur noch den Bahndamm und einige Gleisprofile, die als Zaun aus der Erde ragen.


Ein ehemaliger Bahndamm der Feldbahn im Tonabbaugebiet.


Dorfszene. Man beachte die Kuh. Ein Anwohner fragt ob wir das denn gesehen hätten und ob das so seine Richtigkeit hätte. Wir wissen es nicht. Ist ja vielleicht die Hofkuh auf Wachposten.

Nach einem kurzen Kaffee-Tankstopp laufen wir zunächst parallel zur Hauptstraße und dann über schöne Wald- und Feldwege nach Hanstedt. Hagel vom Typ Viele-kleine-Körnchen-die-so-fies-pieken-auf-der-Haut begleitet uns durch den Ort.





Hier hätten wir bequem den Bus zurück nehmen können, doch irgendwie fühlen wir uns noch nicht „fertig“ genug und wagen noch weitere 4 Kilometer weiter bis nach Ollsen.

Etwa auf halben Weg bleiben wir stehen. Bisher merkten wir den zurückgelegten Weg schon ein wenig – jetzt holt er uns ein. Die „Schallmauer“ von 30 Kilometer macht den Weg mühsam. Keine Schmerzen, keine Erschöpfung, nein, es ist undefinierbar. Die Beine sind schwer, es ist kalt. Eine unsichtbare Bremse. Der Bus fährt erst in einer halben Stunde, also haben wir keine Motivation uns zu beeilen. Dennoch wollen wir das Ziel erreichen. Wir sind glücklich und erschöpft, aber nicht fix und fertig. Aber im Warmen sitzen wäre schon was! So erreichen wir stolz das erreichte Maximal-Etappenziel.



Die Wanderung war kein Ponyhof, aber die Bushaltestelle heißt trotzdem so… Ein natürlich unbeheiztes, einsames Haltestellenhaus lässt uns die letzten 20 Minuten frieren. Werden wir hier beim nächsten Mal doch noch auf Ponys treffen?

32 Kilometer liegen hinter uns. In 9 Stunden incl. Pausen haben wir diese Strecke bewältigt. Das ist in km/h gerechnet schneller als die vergangenen Etappen, aber die Temperaturen luden auch einfach nicht zu längeren Pausen ein. So haben wir einige Kilometer auf dem Weg nach Pisa gut gemacht!

Wir freuen uns auf eine schöne 6. Etappe durch die Lüneburger Heide, dafür sind dann aber angenehmere Temperaturen bestellt.

Etappe 2: Trittau – Aumühle

Auf geht es zur zweiten Etappe auf der Schiefen Tour nach Pisa!
Das heißt: Ich hab nach der 1. Etappe Gefallen gefunden und werde die Tour fortsetzen.

Hier die Route:

Mein als Opel Corsa getarnter Ferrari bringt mich zurück zum Bahnhofsvorplatz Trittau. Ja, der Bahnhofsvorplatz mit Bahnhofsgebäude aber ohne Bahnhof, dafür mit Baum.

Von diesem ausgehend führt der Weg schnell zurück auf die ehemalige Bahntrasse mehr oder weniger schnurgerade durch Trittau. Oder besser: Trittau periphär tangierend.

Von daher bekommt man hier vom Ort wenig mit, bis auf den Blick auf einen Bogenschießplatz und abzweigende Wege in die Hahnheide, einem zum Naturschutzgebiet deklarierten Wald. Darin lt. Openstreetmap:
– Großer Hahnheider Berg (99m)
– Kleiner Hahnheider Berg (100m)
Vielleicht mache ich dort noch vor meiner Alpenquerung ein Höhentraining. Aber das hat noch etwas Zeit, von daher wandere ich weiter auf der Bahntrasse und erreiche den ehemaligen Bahnhof Trittau-Vorburg.

Früher sah es hier so aus: (LINK)

Ein etwas anderer Blickwinkel: (LINK)

Der Bahnübergang sieht heute fast noch genauso aus. Zumindest die Straße, die darüber führt.: (LINK)

Den dort auf der Bahntrasse liegenden Geocache spare ich mir entgegen der ursprünglichen Planung ob des wilden Bewuchses des für ein kurzes Stück wegfreien Bahndammes.
Weiter geht es auf der anderen Straßenseite vermeintlich auf dem Bahndamm, dann allerding wurde mir schnell klar, dass der Damm rechts des Weges, hinter dem ganz scheu ein Reh hervorblickte, dann wohl der wirkliche Bahndamm ist.

Eindeutig klar wurde dies an diesem tollen Viadukt über die Bille. Du Bille, Sie Bille, nein einfach Bille. Dieses Flüsschen wollte ich nun auf dem weiteren Lauf in Richtung Hamburg ein Stück weit begleiten. Aber noch nicht ab hier. Hier lockte ein Geocache auf den Bahndamm. Beim Besteigen desselbigen hoffte ich auf dem Rückweg hier nicht herunterzupurzeln, denn Bahndämme sind ja bekanntlich recht steil. Ein schöner Blick ergibt sich auf der anderen Seite über die Felder und die Bille.

Das dachte sich auch der Errichter dieses Rastplatzes.

Ein Trampelpfad führt auf dem Bahndamm weiter, verläuft dann aber leider im Gebüsch. Und ob es einen Weg nach unten gibt weiß ich auch nicht so recht. Also drehe ich lieber um und gleite mehr oder weniger elegant den Damm hinunter und setze den Weg neben dem Bahndamm bis Hamfelde fort.


Landschaft.


Noch mehr Landschaft.

Eine Schnecke wartete hier schon in der Überholung:


Stiller Beobachter.

In Hamfelde gab es einst einen Haltepunkt: (LINK)

Er müsste sich links dieses Gebäudes befunden haben.

Heute ist die Papiertonne dran.

Von Hamfelde nach Dahmker geht es nun schnurgerade auf der Trasse weiter. Irgendwo mittendrin die Überraschung: Ein Gleisrest!

Ganz klassisch im Bahnübergang locken einige Meter zum Befahren mit einem Schienenfahrzeug. Leider besitze ich keine Klappdraisine, sonst hätte man diese hier nicht nutzen können, denn es sind ja nur ein paar Meter.
In Dahmker verlasse ich dann endgültig die Trasse der ehemaligen Bahnstrecke Bad Oldesloe – Schwarzenbek. Weiter ginge es wohl nur offway. Am hisigen Bahnübergang findet sich neben einem weiteren Gleisrest ein weiteres Überbleibsel der Vergangenheit.

Sprengschächte. Wer nicht weiß, dass es sowas gibt, denkt an schlichte Gullideckel. Leser dieses interessanten Beitrags auf geschichtsspuren.de wissen um die Bedeutung. Kurz gesagt hat man hier vorbereitet, dass falls im Kalten Krieg „der Russe kommt“, man den Bahnübergang schlicht hätte wegsprengen können um in Kombination mit der Bahntrasse ein Hindernis zu haben. Schließlich ist die ehemalige Deutsch-Deutsche Grenze hier kaum 30km weit weg. Hoffen wir, dass wir nie wieder für so etwas Notwendigkeit haben. Wo sie nicht störten, hat man die Schächte bis heute so belassen. Nicht nur hier wie ich später feststellte.
Regen. Nieselregen. Gut, dass ich einen Regenschirm dabei habe. Allerdings nur wenige Minuten.
Bäume gibt’s…

In Kuddewörde ist es bereits wieder trocken. Zumindest von oben. Ein Abstecher führt mich zur Bille.

Die starken Regenfälle brachten zeitgleich im Harz die Flüsse zum Überlaufen, hier auch. Stören tut es aber nur ein paar Pferde und Gassigeher, die ihre Anglerhosen nicht dabei haben um den auf die Brücke folgenden Wasserweg trockenen Fußes nutzen zu können.

Leise Befürchtungen, dass durch den hohen Pegelstand der im weiteren Verlauf durch mich zu begehende Billewanderweg teilweise überflutet sein können bestätigten sich zum Glück nicht.
Hier treffe ich zum ersten Mal auf den E1. Nein, nicht die Autobahn in Portugal, sondern den Europäischen Fernwanderweg E1. Diesen werde ich im weiteren Verlauf meiner Wanderung nach Pisa sicherlich öfter queren oder teilweise nutzen, schließlich verläuft dieser vom Nordkap nach Sizilien, da liegt Pisa ja auch grob in der gleichen Richtung.

Ich überquere die B404 wieder mit Hilfe einer Brücke. Grande. Bekannt durch die Autobahnabfahrt. Toll solche unscheinbaren Dörfchen, die nur weil eine Autobahnabfahrt so benannt ist doch irgendwie jeder kennt. Und sei es nur aus dem Verkehrsfunk.

Die Grander Mühle. Die Gaststätte hat leider noch zu, daher muss an der Kreuzung der Bäcker für eine Wegzehrung herhalten. Hier kann man sein Kanu in die Bille einsetzen, außer vom 1. März bis 14. August. Gut, dass ich sowieso zu Fuß gehen wollte.
Wer jetzt oben dem Link zu Geschichtsspuren.de gefolgt ist, wird auf dem 2. Bild eine Reihe vorbereiteter Trägerstecksperren entdecken. Unauffällig auffällig.
Ach herrje habe ich schon viel geschrieben. Ich hoffe ich langweile Euch nicht mit Details?

Nach einem kurzen Schlenker führt mein Weg, ebenso der E1, zur Bille, an der ich jetzt fast 10 Kilometer auf dem Billewanderweg bis Aumühle laufe. Leider an einigen Stellen etwas sehr viel matschig aber sonst sehr schön. Nutzwald links (teilweise getarnt durch ein paar Meter Naturwald), Bille rechts. Teilweise auf Flußniveau, teilweise mit echten Steiluferchen, immer bisschen rauf und runter.

Eigentlich wollte ich hier kurz nach der Halbzeit des Weges ja meine zuvor gekaufte Wegzehrung vertilgen, doch irgendwer hat vergessen im Naturschutzgebiet Bänke aufzustellen. Und der Boden ist doch sehr nass. Also kurzerhand ein Hochsitz gemietet und dort hoch gesetzt.

Es folgen 10 Kilometer perfekte Natur, Ruhe, Erholung. ABER: Selten habe ich mich so über Autobahnlärm aufgeregt. Fast die gesamten etwa 4 Kilometer bis zur Autobahn denkt man „in 200m laufe ich unter der Autobahn durch“. Erst als diese dann tatsächlich unterlaufen ist, wird es irgendwann ruhiger. Schallschutzwände auch in die Wälder!
Der Bus zurück von Aumühle nach Trittau fährt im Stundentakt. Beliebte Frage: Beeilen, oder Zeit lassen und eine Stunde später fahren. Als das Erreichen des Busses ohne besondere Eile aussichtslos erscheint, entscheide ich doch bis Aumühle vollständig an der Bille entlang zu wandern und nicht abzukürzen, wie es der E1 empfiehlt.
Ganze 2 Hundespaziergänger begegnen mir hier in Zivilisationsnähe.

Irgendwann ist dann doch Aumühle erreicht, auf einem See sind Jungschwäne zu beobachten. Ebenso Gäste zweiter Gasthäuser. Theoretisch hätte ich jetzt hier auch einkehren können und die Wanderung in Richtung Geesthacht fortsetzen können.

Das hebe ich mir aber für später auf, vertrödle die restliche Wartezeit auf den Bus auf der Bahnhofsbrücke mal wieder ein paar Eisenbahnfotos zu machen.

Gut, dass ich nicht nach Hamburg muss!

Hier geht es weiter: S-Bahnhof Aumühle

Besonders hervorzuheben hier 243 559-2 der Deutschen Reichsbahn.
Für nicht Eisenbahnkenner: Diese Lok war schon einmal im „modernen“ Rot der DB unterwegs, wurde dann aber ausgemustert und von der Privatbahn DeltaRail gekauft und im „Look“ von 1990 wieder auf die Reise geschickt.

Aumühle ist Endstation der Hamburger S-Bahnlinie S21. Die S1 nach Poppenbüttel fährt hier aber entgegen der Anzeige eigentlich nicht…

Fazit:
Strecke: 22km
Gehzeit: 7 Stunden

Die Tour war schon etwas länger als die erste Etappe, besonders der Abschnitt durch den Wald zog sich doch schon recht lang, was aber angesichts der tollen Natur absolut in Ordnung war. Ich hätte nach einer Pause sicher noch weiter gehen können, aber ich wäre dann auch nicht sinnvoll zügig wieder zurück gekommen und es fehlte mir mal wieder etwas an Zeit.

Etappe 1: Hammoor – Trittau

So, endlich geht es los! Auf nach Pisa! Die erste Etappe der Schiefen Tour nach Pisa!
Schon ein komisches Gefühl. Was wird mich erwarten? Was werde ich erleben?
Also los. Einen halben Tag frei geschaufelt, Sachen gepackt und raus aus der Haustür.
Das Ziel greifbar nah. Trittau. Mit dem Auto vielleicht eine Viertelstunde, ich habe Fünfeinhalb eingeplant für die 16 Kilometer.
Ein Hauch von Abenteuer und Fernweh liegt schon in der Luft.
Komisch, was man sich so ausdenkt und einbilden kann.

Damit Ihr die Strecke nachvollziehen könnt, findet Ihr hier den genauen Routenverlauf:

Nach 400 Metern ruft schon das erste Abenteuer. Portemonnaie vergessen. Brauche ich nicht. Fahrkarte nach Hause? Trampen? Oh nein. Im Notfall kann ich mir keinen Kaffee kaufen. Das geht gar nicht! Also nochmal nach Hause, Portmonaie geholt. 20 Minuten weniger Zeit um nach Trittau zu kommen.

Ich höre schon das Mittelmeer rauschen! Ach neee, doch nur die Autobahn.

Das Autobahnkreuz Bargteheide. Links die B404 die zur A21 ausgebaut werden soll. Ob die schon fertig ist, wenn ich in Pisa angekommen bin?

Die A1. Google sagt ich benötige von hier aus mit dem Auto 14 Stunden nach Pisa bei üblicher Verkehrslage. Zu Fuß sollen es 12 Tage sein. Mal sehen, ob das stimmt.

13km noch bis Etappenziel Trittau. Auf der Straße. Pisa ist aber leider noch nicht ausgeschildert.

Endlich. Felder, Wiesen, Bäume, Ruhe! Nur das Rauschen der nahegelegenen Bundesstraße und zwitschernde Vögel sind zu hören. Langsam merke ich, dass ich eine Sache nicht bedacht habe. Wenn ich immer in Richtung Süden laufe, scheint mir die Sonne häufig direkt ins Gesicht. Mal sehen, was ich da mache. Sonnenbrille wäre eine gute Idee, in Richtung Norden nach Pisa zu laufen vielleicht keine allzu gute. Morgens Richtung Südwesten, Nachmittags Richtung Südosten schon eher. Aber ob das mit den sonstigen Wegeswünschen zu zusammenpasst… Wälder sind in solchen Fällen praktisch, dort stehen vollautomatische Schattenspender!

Nach wenigen Kilometern erreiche ich Mollhagen. Von hier aus geht es immer auf dem Bahndamm der ehemaligen Bahnstrecke Bad Oldesloe-Schwarzenbek nach Trittau. Vorab habe ich einige historische Aufnahmen recherchiert, die ich zu reproduzieren versuche. Also zumindest vom gleichen Punkt aus in die gleiche Richtung zu fotografieren. Gar nicht so einfach. Die Bahntrasse ist heute ein Radweg, der Bahndamm rechts und links ist stark mit Büschen bewachsen.

Würde es man nicht wissen, würde man an den ehemaligen Bahnhöfen einfach vorbei laufen. So auch hier in Mollhagen. Das Bahnhofsgebäude ist abgerissen, nur einige Hallen und der markante Raiffeisen-Turm deuten auf den ehemaligen Bahnhof hin – wenn man es weiß. Sowieso sind ländliche Raiffeisen Lagerhallen ein gutes Indiz für alte Bahnhöfe.

Die Vergleichsaufnahme findet sich im Archiv des Kreises Stormarn:

Link

Auch hier der Link zum Vergleich.

Hinter Mollhagen ist eine Lücke im offiziellen „Bahnradweg Route B“, so dass es eine kurze Strecke entlang der Straße und dann ganz inoffiziell auf einem Trampelpfad nach Sprenge geht. Der dortige Bahnhof ist nicht so recht wieder zu finden, da das Gelände vermutlich überbaut wurde. Trotzdem hier die historische Aufnahme (Link).

Die Brücke dieser Aufnahme (Link) lässt sich aber wiederfinden, allerdings hatte ich gerade keinen Radfahrer zur Hand.

Eine Rampe führt den Radweg auf das höhergelegene Niveau der Bahntrasse. Hohes Niveau hat auch das Bild.

Ein Kilometerstein. An Kilometer 271 eine der vielen Feldwegüberwege. Ich habe mir gespart hier vom Bahndamm runterzupurzeln um die Brücke von unten aufzunehmen, ich will ja schließlich noch weiter…

7,5 km noch nach Trittau, das ist das Ziel für heute, die Hälfte ist geschafft.

Kurz vor Dwerkathen führt die Trasse in einen Einschnitt, der Rad- und Wanderweg führt nebenan hinauf. Hier war wohl früher eine Brücke. Aber offenbar nicht genau dort, wo heute für den Weg der Einschnitt zugeschüttet wurde, sondern ein paar Meter weiter. Die Fundamente sind noch deutlich zu erkennen.

Richtung Norden war der Blick von der Brücke offenbar einstmals so.

Richtung Süden sah es hier offenbar einmal so und so aus.

In Dwerkathen ist vom Bahngelände nur das Bahnhofsgebäude selber übrig geblieben. Da dies heute ein privates Wohnhaus ist und auch einige Leute bei diesem schönen Wetter draußen waren habe ich auf ein Foto verzichtet.

Nun geht es durch ein Waldstück weiter nach Grönwohld.

Ein Rettungspunkt mitten im Wald. Ist der hier auf dem Weg liegende Baum auch ein Not-Fall?

Unschafe

Ein ehemaliges Postengebäude.

Bekannt wurde Grönwohld durch seine Fernsehrolle als „Büttenwarder“.

Im Archiv habe ich folgendes Bild aus Grönwohld gefunden: LINK
Jeder Eisenbahnfuzzy (ergo Fotomacher) würde dieses Bild heute von der Kamera löschen und sich ärgern, dass ihm diese Hütte ins Bild gesprungen ist. Heute ein Zeitdokument. Schauen wir uns die Perspektive heute an:

Etwas netter, aber trotzdem „nur“ ein Nachschluss: LINK

Und hier das Vergleichsbild:

Auch hier ist der Zug schon abgefahren.

Nun ist auch schon fast Trittau erreicht. Ein Viadukt im Wald kündigt die Bahnstrecke der Südstormarnschen Kreisbahn an, die bis 1953 hier aus Hamburg via Glinde kommend Trittau erreichte. Nicht erst wie der frische Asphalt vermuten lässt erst seit kurzem ein Radweg, sondern schon in den 1960er Jahren, was Archivfotos belegen.

Nur am Dach des Bahngebäudes ist diese Stelle wieder zu erkennen (Historisches Foto). Selbst die Straße hat vor kurzem offenbar ihren Verlauf leicht geändert.

Das ehemalige Bahngelände habe ich mir jetzt nicht näher angeschaut, obwohl der Besitzer höflich auf eine Besichtigung einlud.

Vergleichsfoto von Raimund Jünger aus dem Jahr 1974:

Aufnahme von Raimund Jünger

Der Bereich wo einstmals die Bahnsteige gewesen sein müssen ist komplett mit Einfamilienhäusern bebaut worden. Eine mögliche Reaktivierung der Strecke irgendwann somit leider fast unmöglich.
Auf dem ehemaligen Bahnhofsvorplatz eine Überraschung: Hier sieht es so aus als wenn in einer halben Stunde der nächste Zug kommt. Zwar nichts los, aber ein schönes Ensemble mit einem gut erhaltenen Bahnhofsgebäude, einer Bushaltestelle und einer Wendeschleife in deren Mitte ein großer, alter Baum trohnt. Dieser ist mein „Merker“ für die Fortsetzung der schiefen Tour nach Pisa. Ab hier wird es das nächste Mal weiter gehen.

Einzig die Bahnhofsgaststätte scheint derzeit nicht geöffnet zu sein. Tatsächlich fahren die Busse hier immer noch eine Runde über den gesamten Bahnhofsvorplatz, obwohl eine größere Haltestelle am Straßenrand der Hauptstraße wahrscheinlich gereicht hätte. Und Busse fahren hier regelmäßig in alle Himmelsrichtungen.
So auch meiner in Richtung Bad Oldesloe. Ich muss zwar zweimal umsteigen, dennoch bin ich in weniger als einer Stunde zu Hause.

Fazit:
Strecke: 16km
Gehzeit: 5 Stunden

Ich merkte die Strecke schon in den Beinen, hätte aber durchaus noch weiter gehen können. Leider ließ mein Zeitbudget nicht mehr zu und die Rückfahrt wäre schwieriger geworden.
Das Wichtigste: Spaß hat es auf jeden Fall gemacht!
So, die erste Etappe ist geschafft, so auch mein erster derartiger Blogeintrag. Ich hoffe er hat gefallen. Über Rückmeldungen freue ich mich sehr!

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