So, endlich geht es los! Auf nach Pisa! Die erste Etappe der Schiefen Tour nach Pisa!
Schon ein komisches Gefühl. Was wird mich erwarten? Was werde ich erleben?
Also los. Einen halben Tag frei geschaufelt, Sachen gepackt und raus aus der Haustür.
Das Ziel greifbar nah. Trittau. Mit dem Auto vielleicht eine Viertelstunde, ich habe Fünfeinhalb eingeplant für die 16 Kilometer.
Ein Hauch von Abenteuer und Fernweh liegt schon in der Luft.
Komisch, was man sich so ausdenkt und einbilden kann.

Damit Ihr die Strecke nachvollziehen könnt, findet Ihr hier den genauen Routenverlauf:

Nach 400 Metern ruft schon das erste Abenteuer. Portemonnaie vergessen. Brauche ich nicht. Fahrkarte nach Hause? Trampen? Oh nein. Im Notfall kann ich mir keinen Kaffee kaufen. Das geht gar nicht! Also nochmal nach Hause, Portmonaie geholt. 20 Minuten weniger Zeit um nach Trittau zu kommen.

Ich höre schon das Mittelmeer rauschen! Ach neee, doch nur die Autobahn.

Das Autobahnkreuz Bargteheide. Links die B404 die zur A21 ausgebaut werden soll. Ob die schon fertig ist, wenn ich in Pisa angekommen bin?

Die A1. Google sagt ich benötige von hier aus mit dem Auto 14 Stunden nach Pisa bei üblicher Verkehrslage. Zu Fuß sollen es 12 Tage sein. Mal sehen, ob das stimmt.

13km noch bis Etappenziel Trittau. Auf der Straße. Pisa ist aber leider noch nicht ausgeschildert.

Endlich. Felder, Wiesen, Bäume, Ruhe! Nur das Rauschen der nahegelegenen Bundesstraße und zwitschernde Vögel sind zu hören. Langsam merke ich, dass ich eine Sache nicht bedacht habe. Wenn ich immer in Richtung Süden laufe, scheint mir die Sonne häufig direkt ins Gesicht. Mal sehen, was ich da mache. Sonnenbrille wäre eine gute Idee, in Richtung Norden nach Pisa zu laufen vielleicht keine allzu gute. Morgens Richtung Südwesten, Nachmittags Richtung Südosten schon eher. Aber ob das mit den sonstigen Wegeswünschen zu zusammenpasst… Wälder sind in solchen Fällen praktisch, dort stehen vollautomatische Schattenspender!

Nach wenigen Kilometern erreiche ich Mollhagen. Von hier aus geht es immer auf dem Bahndamm der ehemaligen Bahnstrecke Bad Oldesloe-Schwarzenbek nach Trittau. Vorab habe ich einige historische Aufnahmen recherchiert, die ich zu reproduzieren versuche. Also zumindest vom gleichen Punkt aus in die gleiche Richtung zu fotografieren. Gar nicht so einfach. Die Bahntrasse ist heute ein Radweg, der Bahndamm rechts und links ist stark mit Büschen bewachsen.

Würde es man nicht wissen, würde man an den ehemaligen Bahnhöfen einfach vorbei laufen. So auch hier in Mollhagen. Das Bahnhofsgebäude ist abgerissen, nur einige Hallen und der markante Raiffeisen-Turm deuten auf den ehemaligen Bahnhof hin – wenn man es weiß. Sowieso sind ländliche Raiffeisen Lagerhallen ein gutes Indiz für alte Bahnhöfe.

Die Vergleichsaufnahme findet sich im Archiv des Kreises Stormarn:

Link

Auch hier der Link zum Vergleich.

Hinter Mollhagen ist eine Lücke im offiziellen „Bahnradweg Route B“, so dass es eine kurze Strecke entlang der Straße und dann ganz inoffiziell auf einem Trampelpfad nach Sprenge geht. Der dortige Bahnhof ist nicht so recht wieder zu finden, da das Gelände vermutlich überbaut wurde. Trotzdem hier die historische Aufnahme (Link).

Die Brücke dieser Aufnahme (Link) lässt sich aber wiederfinden, allerdings hatte ich gerade keinen Radfahrer zur Hand.

Eine Rampe führt den Radweg auf das höhergelegene Niveau der Bahntrasse. Hohes Niveau hat auch das Bild.

Ein Kilometerstein. An Kilometer 271 eine der vielen Feldwegüberwege. Ich habe mir gespart hier vom Bahndamm runterzupurzeln um die Brücke von unten aufzunehmen, ich will ja schließlich noch weiter…

7,5 km noch nach Trittau, das ist das Ziel für heute, die Hälfte ist geschafft.

Kurz vor Dwerkathen führt die Trasse in einen Einschnitt, der Rad- und Wanderweg führt nebenan hinauf. Hier war wohl früher eine Brücke. Aber offenbar nicht genau dort, wo heute für den Weg der Einschnitt zugeschüttet wurde, sondern ein paar Meter weiter. Die Fundamente sind noch deutlich zu erkennen.

Richtung Norden war der Blick von der Brücke offenbar einstmals so.

Richtung Süden sah es hier offenbar einmal so und so aus.

In Dwerkathen ist vom Bahngelände nur das Bahnhofsgebäude selber übrig geblieben. Da dies heute ein privates Wohnhaus ist und auch einige Leute bei diesem schönen Wetter draußen waren habe ich auf ein Foto verzichtet.

Nun geht es durch ein Waldstück weiter nach Grönwohld.

Ein Rettungspunkt mitten im Wald. Ist der hier auf dem Weg liegende Baum auch ein Not-Fall?

Unschafe

Ein ehemaliges Postengebäude.

Bekannt wurde Grönwohld durch seine Fernsehrolle als „Büttenwarder“.

Im Archiv habe ich folgendes Bild aus Grönwohld gefunden: LINK
Jeder Eisenbahnfuzzy (ergo Fotomacher) würde dieses Bild heute von der Kamera löschen und sich ärgern, dass ihm diese Hütte ins Bild gesprungen ist. Heute ein Zeitdokument. Schauen wir uns die Perspektive heute an:

Etwas netter, aber trotzdem „nur“ ein Nachschluss: LINK

Und hier das Vergleichsbild:

Auch hier ist der Zug schon abgefahren.

Nun ist auch schon fast Trittau erreicht. Ein Viadukt im Wald kündigt die Bahnstrecke der Südstormarnschen Kreisbahn an, die bis 1953 hier aus Hamburg via Glinde kommend Trittau erreichte. Nicht erst wie der frische Asphalt vermuten lässt erst seit kurzem ein Radweg, sondern schon in den 1960er Jahren, was Archivfotos belegen.

Nur am Dach des Bahngebäudes ist diese Stelle wieder zu erkennen (Historisches Foto). Selbst die Straße hat vor kurzem offenbar ihren Verlauf leicht geändert.

Das ehemalige Bahngelände habe ich mir jetzt nicht näher angeschaut, obwohl der Besitzer höflich auf eine Besichtigung einlud.

Vergleichsfoto von Raimund Jünger aus dem Jahr 1974:

Aufnahme von Raimund Jünger

Der Bereich wo einstmals die Bahnsteige gewesen sein müssen ist komplett mit Einfamilienhäusern bebaut worden. Eine mögliche Reaktivierung der Strecke irgendwann somit leider fast unmöglich.
Auf dem ehemaligen Bahnhofsvorplatz eine Überraschung: Hier sieht es so aus als wenn in einer halben Stunde der nächste Zug kommt. Zwar nichts los, aber ein schönes Ensemble mit einem gut erhaltenen Bahnhofsgebäude, einer Bushaltestelle und einer Wendeschleife in deren Mitte ein großer, alter Baum trohnt. Dieser ist mein „Merker“ für die Fortsetzung der schiefen Tour nach Pisa. Ab hier wird es das nächste Mal weiter gehen.

Einzig die Bahnhofsgaststätte scheint derzeit nicht geöffnet zu sein. Tatsächlich fahren die Busse hier immer noch eine Runde über den gesamten Bahnhofsvorplatz, obwohl eine größere Haltestelle am Straßenrand der Hauptstraße wahrscheinlich gereicht hätte. Und Busse fahren hier regelmäßig in alle Himmelsrichtungen.
So auch meiner in Richtung Bad Oldesloe. Ich muss zwar zweimal umsteigen, dennoch bin ich in weniger als einer Stunde zu Hause.

Fazit:
Strecke: 16km
Gehzeit: 5 Stunden

Ich merkte die Strecke schon in den Beinen, hätte aber durchaus noch weiter gehen können. Leider ließ mein Zeitbudget nicht mehr zu und die Rückfahrt wäre schwieriger geworden.
Das Wichtigste: Spaß hat es auf jeden Fall gemacht!
So, die erste Etappe ist geschafft, so auch mein erster derartiger Blogeintrag. Ich hoffe er hat gefallen. Über Rückmeldungen freue ich mich sehr!